Gedanken und Erinnerungen an Emil Hegetschweiler

Mit Hilfe einiger Weggefährten und Westernreit-Enthusiasten der ersten Stunde hat die SWRA einen Nachruf an ihr Gründungsmitglied und langjährigen Präsidenten Emil Hegetschweiler zusammen gestellt. Er hat die Schweizer Westernreitszene von der ersten Stunde an begleitet und stark geprägt.

Die SWRA dankt ihrem ebenfalls langjährigen Präsidenten Felix Ruhier, Mike Schleiniger, Rolf Barmettler sowie Madeleine und Fritz Häberlin für ihre Beiträge.

Hier ist der gesamte Nachruf zum Herunterladen:

Emil Hegetschweiler wurde am 10. Januar 1936 in Zürich geboren. Als Pfadiführer kam er erstmals mit Pferden in Kontakt und lernte in der Pfadi auch seine zukünftige Frau Suzanne Levy kennen, die auch an Pferden interessiert war. Beide waren zudem begeisterte Fasnächtler, Guggenmusiker und Theaterleute.

Als Beruf erlernte Emil Schriftsetzer und war grafisch sehr begabt. Als er im Vorstand der SWRA aktiv war, gestaltete er sämtliche Drucksachen der SWRA selbst, namentlich auch das schöne alte Logo der SWRA. Er arbeitete dann bis zu seiner Frühpensionierung als Lithograf.

Die Islandpferde hat Emil auf einer Pfadireise 1964 nach Island entdeckt. In Albisrieden führten Emil und Susy erstmals einen Hof mit Isländer-Pferden und zogen dann 1970 auf den Hefti-Hof in Werd-Rottenschwil, den sie deshalb in Wikinger-Ranch umbenannten. In den folgenden Jahren ist eine kleine Islandpferde-Herde entstanden.

Rolf Barmettler: Erste Kontakte mit dem Westernreiten hatten Emil und Susy an einer Western-Show im Hallenstadion. Von da an pflegten sie viel Kontakt, u.a. mit J.C.Dysli, der in Gündisau ZH seinen Stall hatte, und anderen Western-Fans. Das erste Westernpferd, das auf die Ranch kam, gehörte Kurt Berchtold, der die Paintstute «Pale Face» direkt von der American-Western-Show gekauft hatte.

Felix Ruhier: Emil lernte etliche Western-Interessierte kennen, so z.B. Jean-Claude Dysli, der als Cowboy in den USA gearbeitet hatte und in den 1960-er Jahren die ersten Quarter Horses in die Schweiz brachte, oder Paul Geiser, der im Jura als Cowboy Kühe hütete. Schon 1970 fand dann auf der Wikinger-Ranch das erste Western-Turnier statt, damals noch auf einer Wiese mit Apfelbäumen drauf. 1972 wurde auf der Wikinger Ranch das erste Quarter Horse geboren, die Stute Cheyenne, die dann lange als Schulpferd im Einsatz war. 

Rolf Barmettler: Von da an ging es im Westernreiten stetig voran. Zuerst mit den Islandpferden, nachher mit Knappstruppern, Reitponies, Pintos und Quarter Horses. Die Ausrüstung – Cowboyhut, Hemd, Jeans und Cowboystiefel waren von jetzt an ein absolutes Muss, auch die Sättel und Zaumzeuge. Aber vor allem die Reitweise änderte rapide: es durfte nur noch einhändig geritten werden. Am Anfang war das eher schwierig bis teilweise unmöglich. Es gab teilweise kuriose Bilder …. Das Westernfest jeweils anfangs September auf der Winiger-Ranch war mit oft über tausend Zuschauer ein Riesenerfolg und legendär bis berüchtigt. 

Madeleine und Fritz Häberlin: Wir haben Emil und Suzanne Hegetschweiler 1977 auf der Wikinger Ranch kennen gelernt. Wir wollten den Quarter Horse Deckhengst „Angue Go Ma“ anschauen, der für unsere Stute „Swiss Gae Bar“ zum Decken in Frage kam. Emil hat uns willkommen geheißen und uns seine Ranch voller Stolz gezeigt. Noch am selben Tag hat er uns zu seinem Western Fest „Rodeo“ eingeladen. Im Western Kostüm des 18ten Jahrhunderts durften wir das erste Mal Western Reiten sehen. Es war eine andere Welt und wir haben uns sehr wohl gefühlt. Im selben Jahr fand auch die erste Schweizer Meisterschaft im Western Reiten bei ihm auf der Ranch statt. Gerne denken wir an die Turniere und Feste auf der Wikinger Ranch zurück. 

Die Wikinger-Ranch entwickelte sich bald zum Reitschulbetrieb mit eigenen Schulpferden. Viele Reiter und Reiterinnen haben bei Emil und Susy das Westernreiten kennengelernt. 

Am 25. November 1978 gründete Emil zusammen mit rund 100 interessierten Personen in Bern an einer sechsstündigen Sitzung die Swiss Western Riding Association SWRA und wurde ihr erster Vizepräsident, mit Paul Geiser als Präsidenten. Von 1982 bis 1994 war er dann selbst 12 Jahre lang deren Präsident.

Emil startete in den Anfängen selbst erfolgreich an den Turnieren. Im Jahr 1982 nahm er im Schweizer Team an der ersten Europameisterschaft im Westernreiten in Aachen teil. Jedes Jahr wurde auf der Wikinger-Ranch ein Westernturnier, manchmal sogar eine Schweizer Meisterschaft im Westernreiten, durchgeführt. Zu alledem war Emil später auch als Turnierrichter tätig.

Mike. F. Schleiniger: Emil ist das ‘Urgestein’ der SWRA schlechthin. Ich erinnere mich an die Gründungs-Versammlung in Bern im ersten Stock einer Beiz: chaotisch aber spannend! Die SWRA war geboren und ich schrieb dann die ersten Reglemente für Turniere. Ewig ist das her und wie die Jungfrau zum Kind war ich plötzlich auch noch Richter beim Wikinger Ranch Turnier… Man stelle sich das heute vor: ein ganzseitiger Artikel im Tages Anzeiger zwei Tage vor dem Turnier mit dem Resultat, dass über tausend Zuschauer erscheinen. Nicht nur der Food Stand verkaufte wie blöd sondern auch wir mit dem Vaquero Shop. Es war schlicht ein legendärer, jährlicher Event.

Ich lernte die Hegetschweilers per Zufall kennen bei meiner Arbeit als Aufnahme- und Produktionsleiter. Vor vielen Jahren während eines WKs (Wiederholungskurs im Militärdienst) beim ArmeeFilmDienst wollte es der Drehplan, dass ich in einer nebligen Nacht in Werd bei der kleinen Reussbrücke stand, an der Stelle wo alle Pontoniere ihre Nachtübung seit Jahren am selben Ort absolvieren: Reussüberquerung. Die Filmerei war mein tägliches Brot. Spannend wurde es in der Nacht erst, als aus dem Nebel clppidiclopp ein Pferd mit Reiterin auftauchte (mit Westernsattel, Hut und Chaps). Meine Neugierde war wach und ich bereit für eine Plauderpause. Susi Hegetschweiler und einer ihrer Äppys war es und sie klärte mich auf, dass gleich nebenan ihre und Emil‘s Wikinger Ranch war mit Äppys, Isis und Quarter Horses. Ich fand dies so spannend, dass ich ein paar Tage später auf Armeekosten einen Ausflug auf die besagte Ranch machte. Das war der Beginn einer sehr langen Bekanntschaft mit Susi und Emil. Dabei habe ich gezwungenermassen gelernt Susi‘s Nescafé ohne Murren zu trinken. Richtiger Kaffee war Susi zu kompliziert!

Alle, die nie in Emils Haus waren, haben etwas verpasst. Ein Museum war dies, chaotisch aber spannend. In jedem Winkel gab es etwas zu entdecken. Stell dir vor eine lange, knarrende Holztreppe, jeder Tritt etwas schief und auf jeder Stufe ein Paar alte Cowboy Boots, manchmal mit Sporen und Riemli noch dran.

Simone Reiss: In meiner Erinnerung haben Emil und Suzi vor allem den romantischen Cowboy- und Indianer-Lifestyle verkörpert. Sie waren lebende Originale und haben die dazumal in den 1970er Jahren aufkommende Freizeitreiterei sowohl bei den Isländern wie auch den Westernpferden angestossen und mitgeprägt.  Emil‘s oftmals auch kautzige Art, seine eigenwilligen Kommentare, seine Cowboy-Kleidung und sein gelber Citroën Deux-Chevaux waren unverkennbare „Accessoires“, die ihn auszeichneten.  

Felix Ruhier: Als Präsident der SWRA hat Emil viel erreicht für die Westernreiterei in der Schweiz. Die Zusammenarbeit mit der deutschen EWU (Erste Westernreiter Union), den Beitritt der SWRA zum Schweizerischen Zentralverband für Pferdesport (heute SVPS), von den Vereinsmitteilungen im «Schweizer Kavallerist» über den Advertiser zum Westerner, das Westernreiter-Abzeichen, das später zum offiziellen SVPS-Westernbrevet wurde, den SWRA-Stand an der BEA-Pferd, die Vorstellung des Westernreitens an unzähligen Anlässen und vieles mehr. Am Anfang hatten es die Westernreiter noch schwer, Anerkennung in der Reiterwelt zu finden, aber durch die Arbeit von Emil und seinen Mitstreitern finden wir uns heute in einer guten Position.

Emil Hegetschweiler war ein Pionier der Westernreit-Szene. Wie alle Pioniere konnte er sich durchsetzen und hat seine Meinung zeitweise vehement vertreten, aber immer im Interesse der Sache. Die SWRA hat ihm sehr viel zu verdanken und wird ein ehrendes Andenken an ihn bewahren. Möge er in Frieden ruhen. 

Rolf Barmettler: Emil war Reitlehrer, Bauer, Speaker, Judge – alles in einem. Unterstützt durch seine liebe Suzanne, die leider viel zu früh verstorben ist. Nun sind beide Originale und Mitbegründer der Westernszene Schweiz wieder vereint.

Im April 2006 starb seine Frau Suzi an Krebs. Danach verkaufte Emil 2007 die Wikinger-Ranch, behielt aber das Wohnrecht dort. 

Am 30. November 2022 hat Emil Hegetschweiler im 86. Lebensjahr diese Welt verlassen. Auf seinen Wunsch hin gibt es keine Trauerfeier oder Abdankung. Seine Urne wird auf der Wikinger Ranch neben der Urne seiner Frau Suzanne beigesetzt.

Emil war, ist und bleibt ein Original, Pionier und Urgestein der SWRA und des Westernreitens in der Schweiz. Er bleibt denjenigen, die ihm je begegnet sind, in reger Erinnerung. Und dies ist wohl das schönste Andenken an einen alten Cowboy, der sich für immer in die ewigen Jagdgründe verabschiedet hat.

Simone Reiss
SWRA Präsidentin
Dezember 2022